Wissenswert: Schwerpunkt Mikronährstoffe
Arzneimittel und Nahrungsmittel – verträgt sich das?
Meist beschränkt sich der Blick hier auf die gestellte Frage, ob ein Medikament vor oder nach dem Essen eingenommen werden soll. Grundsätzlich können Wechselwirkungen zwischen Arzneimitteln und Nahrungsmitteln auftreten und sehr komplex sein. Unter Berücksichtigung der klinischen Relevanz lassen sich diese oft sehr unübersichtlichen Interaktionen aber auf eine Handvoll wirklich relevanter Unverträglichkeiten begrenzen. Faktoren, die bei möglichen Wechselwirkungen zwischen Arzneistoffen und Lebensmitteln Einfluss nehmen können, sind chemische Strukturen der Wirk- und Hilfsstoffe, die Dosierung, die technische Verarbeitung der Medikamente, die Zusammensetzung der Nahrung, die durch die Nahrungsaufnahme veränderten physiologischen Effekte, der Zeitabstand zwischen Essen und Arzneimittelaufnahme sowie u. a. die individuelle Enzymausstattung.
Die Wechselwirkung Grapefruit-haltiger Lebensmittel mit zahlreichen Wirkstoffen stellt sicherlich die bekannteste Arzneimittel-Nahrungsmittel-Interaktion dar und ist auch klinisch überaus relevant. Wegen der variablen Zusammensetzung der unterschiedlichen Grapefruitprodukte ist es nicht möglich, eine Verzehrmenge anzugeben, die hinsichtlich möglicher Interaktionen als „sicher“ gilt. Der Wechselwirkungseffekt tritt bereits kurz nach dem Verzehr üblicher Grapefruitmengen ein und hält bis zu drei Tagen an.
Bei den häufigen Interaktionen zwischen Milch bzw. Milchprodukten und bestimmten Arzneimitteln (z. B. manchen Antibiotika) kommt es zu einer verminderten Aufnahme des Wirkstoffes durch eine Komplexbildung mit dem in Milch und Milchprodukten enthaltenem Calcium (oder Casein). Die gleichzeitige Einnahme von Tetracyclin-Antibiotika mit Milch kann deren Plasmaspiegel um 50 bis 100% reduzieren. In der Folge ist kurzfristig ein Therapieversagen und langfristig unter Umständen eine beschleunigte Resistenzentwicklung möglich. Dementsprechend sollten diese Antibiotika frühestens vier Stunden nach Milchprodukten bzw. mindestens zwei Stunden vor Milchprodukten eingenommen werden. Zudem sollte auf die Einnahme mit Mineralwasser verzichtet werden.
Alkohol führt aufgrund seiner substanzspezifischen Effekte zur Verstärkung bestimmter Arzneimittelwirkungen. So bewirkt Alkohol nicht nur in Kombination mit Sedativa, sondern auch bei Substanzklassen mit beruhigender Teilwirkung eine Verstärkung der unerwünschten sedierenden Wirkung. Außerdem kann es dabei zu Schwindel, niedrigem Blutdruck und anderen unerwünschten Wirkungen kommen. Relativ bekannt ist auch die Verstärkung leberschädigender Effekte durch Alkohol. Davon betroffen sind u. a. Schmerzmittel, die Paracetamol enthalten. In der Praxis ebenso relevant ist das erhöhte Risiko gastrointestinaler Blutungen, wenn Alkohol parallel zu hochdosierten entzündungshemmenden Schmerzmitteln konsumiert wird.
Schwarzer Tee, Grüner Tee und Kaffee enthalten Gerbstoffe, die vor allem mit „Nervenmitteln“ schwerlösliche Komplexe bilden, wodurch die Bioverfügbarkeit um bis zu 80% reduziert sein kann. Das ist möglicherweise ein Grund für das Versagen der antidepressiven Therapie, wenn die Arzneimitteleinnahme gleichzeitig mit z. B. Schwarz-Tee erfolgt.
Ballaststoffreiche Nahrung kann die Aufnahme verschiedener Wirkstoffe reduzieren. In relevantem Ausmaß ist dies bei Schilddrüsenmedikamenten der Fall. Diese sollen daher (wie bekannt) nüchtern vor dem Frühstück eingenommen werden.
Protein-reiche Nahrung wie Fleisch, Fisch, Milchprodukte, Eier und Hülsenfrüchte kann die Wirksamkeit von gleichzeitig eingenommenen Arzneien in der Parkinson-Therapie reduzieren. Diese sollten daher 30 bis 60 Minuten vor einer Mahlzeit zu sich genommen werden. Vorteilhaft ist es auch, die Protein-Zufuhr am Tag möglichst gering zu halten und Eiweiß-reiche Mahlzeiten auf den Abend zu verlegen.
Zuletzt aktualisiert: 11. Mai 2024
Foto/Video: © bialasiewicz / 123RFLesen Sie weitere Beiträge zum Thema:
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